Biodiversität und Ökosysteme

ESRS 2 SBM-3; ESRS E4-1

Die Baubranche hat weltweit, insbesondere entlang der vorgelagerten Wertschöpfungskette, einen erheblichen Einfluss auf Biodiversität und Ökosysteme. Dies zeigt sich vor allem in der Gewinnung von Rohstoffen für die Herstellung von Baustoffen. Die Nutzung und Umwandlung von Flächen im Zuge von Bauprojekten stellt eine bedeutende Herausforderung für die globale Flora, Fauna und Funga dar. Gleichzeitig führt die Bodenversiegelung zum Verlust wichtiger Bodenfunktionen, was wiederum natürliche Lebensräume beeinträchtigen, und die Artenvielfalt gefährden kann – insbesondere in Gebieten mit schützenswerter Biodiversität.

Andererseits bietet die Baubranche aber auch vielfältige Möglichkeiten, einen positiven Beitrag zu leisten. Durch nachhaltige Planung und gezielte Renaturierungsmaßnahmen können neue Lebensräume für Flora, Fauna und Funga geschaffen werden. Darüber hinaus tragen innovative Ansätze wie nachhaltige Infrastruktur, der bewusste Einsatz nachhaltiger Materialien und die Minimierung von Bodenversiegelung dazu bei, natürliche Ökosysteme zu schützen und die Artenvielfalt langfristig zu fördern.

STRABAG sieht sich sowohl Risiken als auch Chancen gegenüber, die sich aus der Wechselwirkung zwischen Geschäftstätigkeit und Biodiversitätsschutz ergeben. Angesichts globaler Umweltveränderungen und strengerer gesetzlicher Vorgaben wird ein präzises Management dieser Faktoren immer wichtiger, um biodiversitätsrelevante Risiken abzumildern. Die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse ebenso wie die Durchführung der standortspezifischen Risikoanalysen dienen dabei als erste Anhaltspunkte, um künftig eine Resilienzanalyse der Geschäftsstrategie und des ‑modells durchführen zu können.

Biodiversität strategisch verankert

Ein vorausschauendes Management bildet die Grundlage, um das Unternehmen zukunftssicher aufzustellen und die Unternehmensstrategie kontinuierlich mit ökologischen Anforderungen in Einklang zu bringen. In unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist Biodiversität ein wesentliches Thema, für das wir realistische Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt leisten wollen. Dies beinhaltet auszugsweise den Aufbau des konzernweiten Biodiversitätsmanagements und die Kompetenzentwicklung unserer Mitarbeitenden.

54 Standorte von STRABAG im DACH-Raum befinden sich in Gebieten mit schutzbedürftiger Biodiversität und haben negative Auswirkungen auf diese. Als Standort sind alle festen Einrichtungen zur Ausübung des Geschäftsbetriebs sowie Baustellen mit einer Laufzeit von über 12 Monaten definiert. In die Impact Bewertung wurden Asphaltmischanlagen, Betonmischanlagen, Deponien, Emulsionsmischanlagen, Kies- und Sandgruben, Recycling- und Verwertungsanlagen, Steinbrüche, Schottergruben, Werkstätten und Zementwerke aufgenommen. Eine Aufschlüsselung der Standorte nach den ermittelten Auswirkungen und Abhängigkeiten sowie nach dem ökologischen Zustand der Gebiete, in denen sie sich befinden, kann noch nicht berichtet werden, da sich die biodiversitätsbezogene Datenbasis erst im Aufbau befindet. Als Teil der Wesentlichkeitsanalyse konnten keine wesentlichen negativen Auswirkungen in Bezug auf Landdegradation oder Wüstenbildung festgestellt werden.

Policies

ESRS E4-2

Die vom STRABAG SE-Vorstand unterzeichnete Umwelt- und Energiepolitik, die für den gesamten Konzern gilt, hält das Prinzip fest, dass Ökosysteme zu schützen sowie die Lebensräume für Mensch und Tier zu erhalten sind. Dabei hält das Dokument für einige aus der Wesentlichkeitsanalyse hervorgegangenen Themen folgende Commitments fest: die effiziente Gestaltung der Flächennutzung im eigenen Einflussbereich sowie die Vermeidung von Entwaldung entlang der Lieferketten. Weitere Themen, die als zentrale Einflussfaktoren für den Verlust von Biodiversität und Ökosysteme in der Umwelt- und Energiepolitik festgehalten werden und die in dem Dokument adressiert werden, sind: Eindämmung von Umwelt- und Klimarisiken im eigenen Geschäftsbereich und in der Lieferkette sowie die Reduktion des Emissionssaustoßes und des Ressourceneinsatzes durch die Umsetzung von Kreislaufwirtschaft. Die Umsetzungsverantwortung für die Umwelt- und Energiepolitik liegt beim Vorstandsvorsitzenden. Im Zuge der Managementbewertung des Umwelt- und Energiemanagementsystems wird das Dokument in regelmäßigen Abständen hinsichtlich seiner Eignung und Wirksamkeit bewertet und, wenn notwendig, angepasst.

Im Jahr 2023 wurde vom Vorstand der STRABAG SE ein konzernweites Positionspapier zum Thema Biodiversität verabschiedet. Dieses zeigt klare praxisnahe Orientierungen und Hinweise für den Schutz von Biodiversität und Arten bei Bauprojekten auf. Als weiterführende Unterlage für die Umwelt- und Energiepolitik dient es als Informationsgrundlage, um die Mitarbeiter:innen hinsichtlich Biodiversität zu sensibilisieren und Leitlinien für umweltbewusste Planungs- und Bauprozesse bereitzustellen. Gemeinsam mit der Umwelt- und Energiepolitik kann es die Grundlage für die Ableitung konkreter Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität bilden. Die angeführten Leitlinien beinhalten die Minimierung des Flächenverbrauchs, der Emissionen und der Umweltbelastungen sowie weiterer Maßnahmen, um während eines Bauvorhabens die Auswirkungen auf Flora, Fauna und Funga zu verringern. Das Positionspapier hat keine Inhalte zur Rückverfolgbarkeit von Produkten, Bestandteilen oder Rohstoffen, verweist aber auf die Beschaffung von Materialien aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern als möglicher Einflussfaktor, um den Schutz der biologischen Vielfalt zu verbessern.

Soziale Konsequenzen des Biodiversitätsverlusts, transitorische und physische Risiken im Zusammenhang mit Biodiversität, invasive Arten sowie Wüstenbildung werden derzeit nicht in den beiden Dokumenten behandelt. Standortbezogene Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität sind insbesondere an Gewinnungsstätten in den jeweiligen Genehmigungsbescheiden verankert, etwa in Form von Ausgleichsmaßnahmen. Eine konzernweite Erfassung dieser Maßnahmen erfolgt derzeit jedoch noch nicht. Im Rahmen des Aufbaus des Biodiversitätsmanagements und weiteren Risikoanalysen bei STRABAG halten wir uns die Erweiterung der beiden Dokumente um weitere wesentliche Themen vor. Konzernweit bestehen keine übergeordneten Richtlinien für Betriebsstandorte, die in oder in der Nähe eines Schutzgebiets oder eines Gebiets mit schutzbedürftiger Biodiversität betrieben werden. Ebenso gibt es keine konzernweiten Policies für die Bereiche Landnutzung und Landwirtschaft, Ozeane und Meere.

Maßnahmen und Projekte

ESRS E4-3

Basis zum Aufbau eines Biodiversitäts-managements geschaffen

STRABAG befindet sich aktuell im Aufbau eines konzernweiten Biodiversitätsmanagements. Bislang lag der Fokus des Nachhaltigkeitsmanagements bei STRABAG auf Klimathemen, sozialen Themen sowie auf dem Aufbau einer entsprechenden Governance-Struktur. Zum Aufbau des Biodiversitätsmanagements wurde 2024 ein Projekt mit Vertreter:innen aus verschiedenen Unternehmensbereichen gestartet. Damit legt das Projekt den Grundstein für die Entwicklung gezielter Maßnahmen, die im Geschäftsbereich Rohstoffgewinnung implementiert werden sollen. Derzeit liegt der Fokus auf der detaillierten Analyse des Status quo, um bestehende Maßnahmen und Praktiken zur Biodiversitätsförderung im Konzern zusammenzuführen sowie auf der Einbindung relevanter Stakeholder. Damit soll eine fundierte Entscheidungsbasis für das Entwickeln von Maßnahmen geschaffen werden. Je nach Bedarf können Maßnahmen für zusätzliche Geschäftsbereiche entwickelt und umgesetzt werden. Weiterer Bestandteil des Projektes zum Aufbau des Biodiversitätsmanagements ist die Einführung von passenden Messparametern zum Aufbau eines Monitoringsystems sowie zur regelmäßigen Berichterstattung.

Folgende Biodiversitätsmaßnahmen finden bereits bei STRABAG statt:

An den konzerneigenen Gewinnungsstätten implementiert STRABAG in Abstimmung mit den lokalen Behörden und Interessensgruppen spezifische Maßnahmen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und die Wiederherstellung und Renaturierung von Flächen zu gewährleisten. Dazu werden naturschutzrechtliche Auflagepunkte aufgestellt, die für jeden Standort individuell konzipiert sind. Darunter fallen beispielsweise die Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen wie Biotope, die Durchführung von regelmäßigen ökologischen Gutachten und weiteren potenziellen daraus resultierenden Maßnahmen sowie eine flächensparende Nutzung des Gebiets, um unnötige Eingriffe in die Natur zu vermeiden und eine fragmentierte Landschaft zu verhindern.

Eingriffe werden zu Beginn evaluiert und Ausgleichsmaßnahmen für Flora und Fauna werden in Abstimmung mit den zuständigen Behörden im Genehmigungsplan festgehalten. Mindestens einmal jährlich wird ein Monitoring durchgeführt, um die Auswirkungen auf die Biodiversität zu überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Für bestimmte Bauprojekte sind gesetzliche und behördliche Vorschriften einzuhalten, die eine Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVPs) vorschreiben. Diese Verfahren gewährleisten, dass potenzielle Umweltauswirkungen in der Planungs- und Designphase identifiziert und analysiert werden, sodass in der Folge geeignete Schutz- und Ausgleichsmaßnehmen entwickelt und umgesetzt werden können. Auch in den Konzernländern außerhalb der Europäischen Union findet diese Vorgehensweise, beispielsweise durch Environmental Impact Assessments bei bestimmten öffentlichen und privaten Bauvorhaben, gemäß den dort geltenden Gesetzen statt.

Im Bereich des Verkehrswegebaus in Deutschland verfolgt STRABAG ein nachhaltiges Baustellenkonzept im Sinne der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), bei dem Biodiversitätskriterien für die Zertifizierung bei Baustellen mit einer Laufzeit von über drei Monaten berücksichtigt werden. Diese Zertifizierung berücksichtigt die Einhaltung biodiversitätsfördernder Maßnahmen, wie zum Beispiel den Einsatz umweltschonender Technologien und Verfahren, die Minimierung von Flächenversiegelungen und die Rücksichtnahme auf lokale Flora, Fauna und Funga.

Eine Erhebung, welche Gemeinschaften die wesentlichsten negativen Auswirkungen aufgrund von Bauvorhaben erfuhren, ist nicht erfolgt. Derzeit setzt STRABAG keine Kompensationsmaßnahmen in ihren Maßnahmenplänen ein.

Wir verstehen diese Bemühungen als wesentlichen Bestandteil unserer strategischen Ausrichtung und als Gelegenheit, durch die Einbindung aller relevanten Interessensgruppen – sowohl intern als auch extern – sicherzustellen, dass unsere Maßnahmen langfristig wirksam und an unseren Biodiversitätszielen ausgerichtet sind.

Ziele

ESRS E4-4

STRABAG hat bislang keine quantitativen Ziele für Biodiversität und Ökosysteme definiert, arbeitet jedoch daran, dieses Themenfeld konzernweit zu verankern. Bisher lag der Fokus des Nachhaltigkeitsmanagements vorrangig auf Governance-, Klima- und sozialen Aspekten. Eine Herausforderung dabei ist die Messbarkeit von Biodiversität, insbesondere aufgrund der großen Anzahl an Standorten.

Kennzahlen

ESRS E4-5

Die Verfahren zur Erhebung spezifischer Biodiversitätskennzahlen, die derzeit in Entwicklung sind, beruhen auf international anerkannten Tools wie dem WWF Risk Filter und dem Integrated Biodiversity Assessment Tool (IBAT). STRABAG nutzt diese Tools, um einen Überblick über Standorte, die in oder in der Nähe schutzbedürftiger Biodiversität liegen, zu gewinnen. Mithilfe dieser Tools lassen sich standortspezifische Risiken identifizieren und künftig die Resilienz des Geschäftsmodells gegenüber Biodiversitätsrisiken systematisch untersuchen.

Im Zuge des Aufbaus des Biodiversitätsmanagements wird an der Schaffung eines passenden KPI-Sets gearbeitet, das zukünftig auf sinnvolle und praktikable Weise die Biodiversitätsperformance erfassen soll.

Nutzung international anerkannter Tools

Für die Identifizierung der zu berichtenden Standorte unter der operativen Kontrolle von STRABAG in der DACH-Region, die potenziell negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben, wurde ein mehrstufiger Prozess implementiert. Zunächst erfolgte eine Schutzgebietsanalyse mittels WWF Risk Filter und IBAT, um Standorte in oder in der Nähe von schutzbedürftiger Biodiversität zu identifizieren. Dabei wurden Standorte wie Gewinnungsstätten für Rohstoffe, Bürogebäude, Produktionsanlagen für Asphalt, Beton, Emulsion und Zement, Garagen, Wohnungen, unbebaute Grundstücke, Recyclinganlagen, Lagerhallen, Labore und Werkstätten einbezogen. Baustellen, auch jene mit einer Laufzeit von über 12 Monaten, wurden noch nicht in der Analyse berücksichtigt. Wesentliche Standorte wurden basierend auf der WWF-Industriesektor-Logik und einer Bewertung potenzieller Risiken in fünf spezifischen Indikatoren (Habitatverlust, Entwaldung, Verschmutzung, Zustand von Ökosystemen sowie Artenvielfalt) ermittelt.

Die interne Kategorisierung der STRABAG-Standorte nach Impact-Type wurde dabei einem WWF Biodiversity Risk Filter (BRF) Industry Sektor zugeordnet. Für die Impact-Bewertung der Typen (von low, medium, medium-high bis high) wurden die direkten Auswirkungen der fünf spezifischen Indikatoren für jeden WWF BRF Industry Sektor analysiert und gemittelt. Die Logik basiert auf der WWF Risk Filter Methodik, bei der bestimmte Branchen je nach ihrer potenziellen Auswirkung auf die Biodiversität bewertet werden. Diese Bewertungen fließen in die Gesamtbewertung des Standorttyps ein. Es werden Standorte in den Bericht aufgenommen, wenn ihr potenzieller Impact als "medium-high" oder "high" bewertet wurde. Ergänzend wurden IBAT-Daten genutzt, um Überschneidungen mit Schutzgebieten (z. B. Natura 2000, UNESCO-Welterbestätten) zu analysieren. Dabei gibt es Gebiete, die sich in mehreren Schutzgebietskategorien überschneiden. In diesen Fällen wurde der Standort mehrfach berücksichtigt, um eine präzisere Bewertung der potenziellen Auswirkungen auf die Biodiversität zu ermöglichen. Die Standorte wurden anhand von Typen und geografischen Überschneidungen definiert, um die potenziellen Auswirkungen auf Biodiversität präzise zu bewerten. Der Prozess befindet sich weiterhin im Aufbau und wird kontinuierlich weiterentwickelt, um die Analyse noch genauer und umfassender zu gestalten.

Eine potenzielle Erweiterung der Analyse ist für das Jahr 2025 vorgesehen, indem auch Baustellen mit einer Dauer von über 12 Monaten sowie Betriebsstätten außerhalb der DACH-Region einbezogen werden, um künftig ein konzernweites Bild abgeben zu können.

Standorte in Gebieten mit schutzbedürftiger Biodiversität

Anzahl

Fläche (in ha)

Natura-2000 Schutzgebiete

29

405

UNESCO-Welterbestätten

6

95

Schlüsselgebiete der biologischen Vielfalt

5

25

Andere Schutzgebiete gemäß Anhang II Anlage D der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139

40

677