32. Eventualforderungen
STRABAG SE hat gemeinsam mit ihren deutschen Tochtergesellschaften Erste Nordsee-Offshore-Holding GmbH und Zweite Nordsee-Offshore-Holding GmbH eine Schiedsgerichtsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Die von der Bundesrepublik Deutschland beschlossenen regulatorischen Maßnahmen haben das Recht der Kläger zur Entwicklung von Offshore-Windenergieanlagen in bestimmten Gebieten der Nordsee derart eingeschränkt, dass es zu einem Verlust der Investition gekommen ist. Die Bundesrepublik Deutschland habe damit gegen den Investitionsschutz im Energiechartavertrag verstoßen.
Am 18.12.2024 entschied das Schiedsgericht, dass den Tochtergesellschaften Erste Nordsee-Offshore-Holding GmbH und Zweite Nordsee-Offshore-Holding GmbH Schadenersatzansprüche in Höhe von insgesamt € 241 Mio. zuzüglich Zinsen in Höhe von 3 % p.a. zustehen. STRABAG ist an den Tochtergesellschaften mit jeweils 51 % beteiligt.
Die Bundesrepublik Deutschland hat einen Rectification-Request an das Schiedsgericht zur Abänderung einzelner Passagen des Urteils eingebracht. Bis zum Bilanzaufstellungsdatum wurde der Request noch nicht final entschieden. Im Anschluss hat die Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit, innerhalb von 4 Monaten ein Annulment-Verfahren nebst vorläufiger Aussetzung der Vollstreckbarkeit zu beantragen. Die geschätzte Zeitdauer für ein solches Verfahren beträgt ungefähr 3 Jahre. Voraussichtlich erst nach Abschluss dieses Verfahrens ist das Schiedsgerichtsurteil endgültig und kann nach weiteren nationalen gerichtlichen Verfahren, die die Vollstreckbarkeit im jeweiligen Land feststellen, vollstreckt werden.
Insofern kann noch keine Forderung angesetzt werden.
Am 29.6.2020 verkündete das Schiedsgericht in der Rechtssache STRABAG SE gegen Libyen (ICSID Fall Nr. ARB (AF)/15/1) seine Entscheidung: Demnach habe Libyen gegen das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Libyen über die Förderung und den Schutz von Investitionen verstoßen. Das Schiedsgericht sprach der STRABAG SE daher u. a. Schadenersatz in Höhe von € 75 Mio. zuzüglich Zinsen zu und verurteilte Libyen zur Erstattung von 75 % der Prozesskosten und Auslagen von STRABAG sowie zur Übernahme von 75 % der Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens.
STRABAG hatte 2006 ihre Tätigkeit – den Bau von Infrastruktur – in Libyen aufgenommen. Diese war 2011 durch den Konflikt im Land unterbrochen worden. In dem Schiedsverfahren forderte STRABAG Schadenersatz für die während des Konflikts erlittenen Verluste und Schäden sowie für Arbeiten, die sie an den verschiedenen Bauprojekten bereits durchgeführt hatte.
Ein Antrag Libyens auf Aufhebung des Schiedsspruchs bei den zuständigen Gerichten in den USA wurde letztendlich nach mehreren Instanzen rechtskräftig abgewiesen.
Es ist nach wie vor ungewiss, ob Libyen den Schiedsspruch einhalten wird. STRABAG prüft jedoch sämtliche Möglichkeiten zur Vollstreckung des Schiedsgerichtsurteils und hat dazu Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren eingeleitet. Diese Verfahren verlaufen sehr langsam und haben bisher noch zu keinen zusätzlichen Erkenntnissen geführt. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten wurde noch keine Forderung angesetzt.
Im November 2024 hat STRABAG davon Kenntnis erlangt, dass Libyen vor einem libyschem Gericht Klage gegen die STRABAG SE, STRABAG International GmbH und die libysche Projektgesellschaft, Al Hani Inc., eingebracht hat. Libyen fordert Schadenersatz und die Rückzahlung der unverbauten Anzahlungen, weil Al Hani Inc. die damaligen Bauverträge nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Die Erfolgsaussichten werden nach erster Beurteilung als gering eingeschätzt. Es ist davon auszugehen, dass Libyen diese Klage bei allfälligen Vergleichsgesprächen vorbringen wird.